Hallo,
ich habe zwei Ventilabrisse erlebt, beide bei einer R26 Anfang der 70er Jahre. Das war ein Umbau mit einer schmalen und niedrigen Vollverkleidung (keine Gläser) und einer Horex-Gabel. Die wurde entsprechend bewegt und lief 120 Spitze, wurde also bei Vollgas ständig überdreht.
Dazu dann noch nicht oft genug die Ventile kontrolliert, da immer unterwegs.
Es ist fast immer das Auslassventil, und bevorzugt an der R45 der ersten Serie. Die hatten noch die dünneren Ventile und ungehärtete Sitzringe.
Die werden wegen ihrer eigentlich für das Gewicht und das Fahrwerk zu geringen Leistung tendenziell immer stärker gefordert als die R65, deren 45 PS auf Landstraße nur bei echter Kurvenräuberei benötigt werden, Tempo 120 bedeuten mal grade 5500 u/Min bei halb bis 3/4 Gas, während die kleine dann schon fast Vollgas bei 7000 Touren macht.
Wenn die Ventile sich in die Sitzringe einarbeiten (was eigentlich durch Bleiersatz verhindert werden soll - bitte jetzt nicht eine erneute Diskussion darüber, der folgende Halbsatz ist der entscheidende), dann gehen
bei unzureichender Kontrolle die Ventile stramm und sitzen nicht mehr fest auf dem Ring auf.
Das hat nun fatale Folgen: während die Ventile normalerweise ja während ca 3/4 der Zeit fest auf dem Ventilsitz aufliegen und über den ca 1-2 mm breiten Ring, mit dem es aufliegt, schön Wärme an den viel kühleren Zylinderkopf abgeben kann, fällt dies bei zu strammem Ventil weitgehend weg. Der Auflagring wird schmaler, es bilden sich Verkokungen aus Verbrennungsrückständen, die die Wärme viel schlechter leiten.
Auerdem läuft der Motor nicht mehr so gut und der Gashahn wird weiter aufgedreht als sonst.
Das Ventil wird dann heißer als es die Temperatur für die es ausgelegt ist und damit anfällig für Rissbildung. Es genügt einmal verschalten, Überdrehzahl, ein kurzer Kontakt mit dem Kolben, das Ventil wird eine Kleinigkeit krumm, schlagt also jetzt beim Zurückfedern etwas schief auf den Sitzring, was den natürlich noch schneller verschleißen lässt, und das Ventil bekommt durch die immer wieder schiefe Belastung einen winzigen Riss, der langsam größer wird und irgendwann zum plötzlichen Versagen führt, bei meinem letzten Ventil im Leerlauf vor der Ampel! Aber auch ohne so etwas kann es wegen der hohen Temperatur zur Rissbildung kommen. Gemeinerweise dauert es oft etwas länger, bis der Riß so groß geworden ist, die eigentliche Ursache schon länger zurück liegt und evtl. gar nicht registriert wurde ("Ventile immer sauber eingestellt", "plötzlich ohne besondere Belastung"?).
Daher die vielen unterschiedlichen Erfahrungen: unterschiedliche Belastungen, vor Allem aber die sorgfältige Kontrolle der Ventile spielen da zusammen.
Hellmuth