Zündverstellung zu weit nach Früh

Alles rund um die Technik an den Modellen R45 und R65
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Rote Rita
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Re: Zündverstellung zu weit nach Früh

Beitrag von Rote Rita »

Hollo Michael, Udo und Frank!

Weder habe ich Thermodynamik, Maschinenbau oder Chemie studiert. Insofern kann ich hier mir euch gar nicht auf Augenhöhe streiten! Allerdings habe ich dazu auch was gelesen. Ich musste feststellen, dass das Thema Zündzeitpunkt da nur stiefmütterlich behandelt wird. Bevor ich den ersten Post geschrieben habe, habe ich noch mal bei Stoffregen nachgeschaut. Meinen Apfelbeck habe ich verliehen ( und nicht wiedergesehen) aber der gibt sich damit auch nicht ab. Das ganze Thema ist deshalb etwas schwammig, keiner kann einem eine Fundstelle nennen. Wenn doch: Bitte hier und jetzt!
Warum kann der Motor mit etwas zu viel Frühzündung auch kühler werden: Bei höheren Drehzahlen reicht die Frühzündung nicht aus, das ganze Gemisch zum OT zu entflammen. Der Explosionddruck ist schon da, aber es ist nicht das gesamte Gemisch etflammt. Alles, was nach OT entflammt wird, kann nicht mehr vollständig in Kolbenarbeit umgewandelt werden, diese Energie bleibt im wesentlichen ungenutzt und entweicht als Wärme. Diese Wärmeenergie wird auch kurzzeitig an den Motor abgegeben, geht in jedem Fall aber ungenutzt durch den Auspuff. Zündet die Zündkerze früher, ist der Explosionsdruck schon vor OT da und nimmt dem Motor kinetische Energie. Da Energie nicht verschwinden kann, bleibt dieser Teil der Energie im Gas in Form von Druck gespeichert. In der Zeit bis OT breitet sich die Flammfront weiter aus, es wird mehr von dem vorhandenen Gemisch entflammt, der Druck steigt (zusätzlich) dadurch dass mehr davon explodiert. Nach OT steht damit mehr Energie zur Verfügung als bei dem korrekten Zündzeitpunkt. Damit kann mehr von der chemischen Energie in mechanische Kolbenarbeit umgesetzt werden, ensprechend geringer ist die Energie des Abgases, die dann im wesentlichen nur noch Wärmeenergie ist.

Was ich nicht erkären kann: Wenn ein Motor hörbar klingelt, dann leistet er auch weniger. An welcher Stelle meine Argumentation nicht mehr stimmt, vermag ich nicht zu erklären! Micha? DIeter? Cobra übernehmen Sie!

Gruß Rainer

PS.: Als Ergebnis meiner Überlegungen hat mein Motor Doppelzündung und eine erhöhte Verdichtung. Da ich immer mit Ölthermo fahre, konnte ich das Ergebnis an meinem Modell ablesen: DIe Öltemperatur bleibt unten. Aber das beantwortet nicht Franks Frage. RP
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R65_dieter
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Re: Zündverstellung zu weit nach Früh

Beitrag von R65_dieter »

Hallo Rainer,

hast dir mal dieses Bosch Buch zur Hand genommen über das Kapitel Zündungen?

Die Optimale Lösung, deinen Wissensdurst bezüglich der Benzin-Kolbenverbrennungsmaschine zu lösen ist, sich einen Motorprüfstand mal aus der Nähe zu betrachten.

Du hast doch Vitamin B in den Juliusturm (also Spandau Zitadelle) und wohnst in Spandau, richtig?

Normalerweise kommt da nicht jeder hin, in diese Testräume und wenn dann sicher nur ohne foto oder mobiltelefon mit foto, vielleicht hast aber ganz gutes Vitamin B und kannst bei einer Werksbesichtigung mal genauer hinschauen. Du wirst dann Augen machen, glaub mir. Was man da so alles messen kann und wie.
Hatte auch schon mal eine Werksführung dort, weil der Nachbar (damals Bosch, heut glaub Motorola, richtig?) teilte sich mit BMW die Kantine.

So konnten wir uns das mal anschauen. war so um 1995 rum. auch der 2V Boxer lief da noch auf dem Band. damals hat mich die k1200 und auch noch die K1100 sehr interessiert und wie man zu diesen einspritz und zündkennfeldern kommt.

wenn du selbstversuche machst mit zündungen und verstellkurven usw wird dir niemand aus dem internet einen 100%igen tip geben ein optimales ergebnis zu erzielen. das ist dann glücksache einen treffer zu landen. da musst schon vor dem objekt stehen mit schlüssel und schraubenzieher, nicht tastatur und maus :-)
in der regel hört man wenn der motor anfängt, die elastizität über den drehzahlbereich einzustellen (spucken und sprotzeln). was braucht er dann, mehr luft, mehr gas oder doch zündung zurücknehmen oder andere kerze oder mehr ladung in der spule (schliesswinkel). oder früh und stäkrere federn an den fliehgewichten.
oder doch noch ne andere nockenwelle und mehr kompression und einen geänderten kolbenboden, ansaugkanal optimieren usw. und mit div. wäremewerten von zündkerzen arbeiten....

das sind die parameter an denen du drehen kannst, aber keiner kann dir im internet sagen wann dein boxer aufhört richtig zu laufen.

deine verbrennungsmaschine dann noch im optimalen arbeitspunkt bez temperatur und luftdruck arbeiten zu lassen, hier gewinnt dann die elektronische regelung.
damit das ganze mechanikwerk dann zuverlässig ist, 10% unter dem maximum kommt in einen brauchbaren bereich.

auch mein tip, lass beieinander was funktioniert.

gruss

dieter
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Re: Zündverstellung zu weit nach Früh

Beitrag von Brummbär »

Dieter hat recht, Bosch technische Unterrichtung Zündsysteme:
https://www.fachliteraturversand.de/web ... 11782.html, gibts hier für schmales Geld.

Schöne Grüße
Michael
Tja, damals, als es noch das Internet gab...
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Re: Zündverstellung zu weit nach Früh

Beitrag von Redskin »

Ich würde sagen, daß da Praxis vor Theorie geht.
Dem möchte ich mich nach Lektüre der Bachelorarbeiten unserer Fachkoryphäen anschließen.
Solange sich das Rasselklapperdengelkonzert einigermaßen anhört und die Fuhre löppt, lass es so.

Habe mal mitgelesen, wo sich welche den Spaß gemacht haben, dem Zweiventilboxer die elektronische Kennfeldzündeinspritzlambdaregelung beizubügeln.
Kann man machen, wenn man Lust, Laune, Zeit und Geld genug hat, bringt aber unter dem Strich nix.

Wenn es pfährt, dann gut.
Dafür ist es ein 2V Boxer Q - historisches Kulturgut - und keine Konstantfahrruckel - Multifunktions fuel 2 noise Konvertermaschine mit 3 - unendlich schaltbaren Mappings für jedes Sandkorn ein anderes und Röhrichklappenauspuff.

Und es wird pfahren (weil es von Pferdestärke kommt), selbst wenn die Zündmarke einen Zahn oder so daneben steht. Möglicherweise dabei saufen wie ein Loch, aber das tut so mancher Q-Reiter auch (zumindest gelegentlich).

Und ob man das mit der Thermodynamik und den damit einhergehenden Special effects kapiert hat oder nicht, stört die Q auch nicht weiter.

Btw: ich hab das Zündkästchen von Silent Hektik implantiert, da muss man nur was machen, wenn man was am Lima-Rotor gefummelt hat. Ansonsten steht das Ding wie ne Eins.

Greetz
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Re: Zündverstellung zu weit nach Früh

Beitrag von Rote Rita »

Hallo Dieter & Michael,

die technischen Unterrichtungen von Bosch habe ich. Die sind super wenn man Fehler sucht. Genau zur Variation des Zündzeitpunkts steht da nix.
BMW selbst hat für die Vierventieler mal eine aufwängige Studie zur Doppelzündung in Auftrag gegeben. Ergebnis: Der Motor neigt bei hoher Kompression zum Klingeln; egal wie man die Zündung gestaltet. Auf PN kann ich die weiterschicken, Dieter du hast sie schon.
Also da werde ich kleines Licht nicht eine eigene Forschungsreihe anfangen.

Gruß Rainer
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FrankR80GS
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Re: Zündverstellung zu weit nach Früh

Beitrag von FrankR80GS »

Der 2-Ventiler Boxer wurde über 25 Jahre lang produziert. Von Anfang an war er nicht die Spitze des technisch möglichen, sondern eher auf Langlebigkeit ausgelegt. Dazu gehört auch Kompatibilität. Weil BMW neue Modelle aus meiner Sicht gut überlegt an den Stand der Technik angepasst hat, kann man heute, mir einigem Aufwand, eine /5 mit der Zündung einer R80 GS Basic ausrüsten und umgekehrt. So kann man die Böcke mit Originalteilen am Laufen halten. Hätte BMW „konsequenter“ durchgegriffen, wäre das wahrscheinlich nicht mehr möglich. Freuen wir uns drüber. :mrgreen:
Kauf mal für ein so altes Auto lebenswichtige Originalteile. :nein:

Ich wollte einfach nur wissen, ab wann die zu weit gehende Frühverstellung irgendwann aufhört (scheinbar ja) oder welche Gegenmaßnahmen ich ggf. ergreifen muss (irgendwelche Bleche biegen, hab ich noch nicht genauer angeguckt). Im Moment läuft der Motor unauffällig. Deshalb mache ich, was ich besonders gut kann - nix.

/Frank
BMW - Unseraoner fährt koan Japaner.

Immer dran denken:
Hätten Hummeln Aerodynamik studiert, könnten sie nicht fliegen.
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R65_dieter
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Re: Zündverstellung zu weit nach Früh

Beitrag von R65_dieter »

Hallo Rainer

für so eine Versuchsreihe sollte auch ein Motorprüfstand mit allem zubehör und datenlogging verfügbar sein.

mir reicht ne drehmaschine und ne bohrmaschine im keller :-)...

spandau am juliusturm, die ham sowas für motorradmotoren.

oder in münchen.

probier mal mit unverändertem Motor den laufen zu lassen mit klopffestem Kraftstoff. Du weisst schon wo ich dich da hinschicke. :-)

Auf den Flugplatz wo Motorflieger unterwegs sind. Avgas 100.

Klingelt der Motor dann auch noch? Falls ja brauchst du dann nicht mit Zündverstellung weiteroptimieren.

Kolbenboden wird dann zu heiss und das Gemisch fängt irgendwo in der Brennkammer zum Selbstzünden an.

Wie sehen denn deine Kolbenböden aus?

einfach aufgebaute Motoren wie der Falkenhausen M10 (Neue Klasse) hatte anfangs 60 oder 75 ps und in der letzten Ausbaustufe als M13 Turbomotor war dieser Antrieb fürs Rennauto von Nelson Piquet anfang der 80 er eingesetzt , BT52 hiess der wagen. Basis dieses M13 war der alte M10, natürlich aufgeblasen und optimiert wo es nur ging.

Wie man den Brennraum für eine Kuh optimal gestaltet um das letzte rauszuholen, Alex von Falkenhausen oder M13 von Paul Rosche wüssten wie.

eine Sache sollte man beim Motortuning mechanisch immer im HInterkopf behalten. 1PS=~100€.

Gruß

Dieter
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